Entsendung von Mitarbeitern nach Polen

Entsendung von Mitarbeitern nach PolenDie Bedeutung des polnischen Marktes ist seit Jahren enorm wichtig für deutsche Unternehmen. Das Engagement in Polen bedarf oft der Entsendung von Mitarbeitern nach Polen. Welche Vorschriften sind bei der Mitarbeiterentsendung nach Polen zu beachten? Welche Erfordernisse sind zu erfüllen? Nachstehend finden Sie wichtigste Informationen zur Entsendung von Mitarbeitern nach Polen.


Was versteht man unter der Entsendung von Mitarbeitern?

 

Unter der Entsendung ist eine Situation zu verstehen, wenn ein Arbeitnehmer sich auf Weisung des deutschen Arbeitgebers vorübergehend außerhalb des Geltungsbereichs des deutschen Sozialversicherungsrechts begibt und nach anderem Land geschickt wird, um dort in einem ausländischen Unternehmen eingebunden zu sein.

Beispiel:

Eine deutsche GmbH delegiert einen Ingenieur für 6 Monate zu einer Tochtergesellschaft in Polen.

Die Baufirma aus Deutschland baut eine Straße in Polen. Dazu schickt sie nach Polen zehn Bauarbeiter für 3 Monate.

Wo unterliegen die nach Polen entsandten Mitarbeiter der Sozialversicherung?

In Polen gilt natürlich die Verordnung (EG) Nr. 883 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

Der Mitarbeiter, die in einem Mitgliedstaat (hier Deutschland) für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird (nach Polen), um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats (Deutschland), sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet. Sollte die Entsendung länger als 24 Monate dauern, unterliegt der entsandte Mitarbeiter grundsätzlich dem polnischen Sozialversicherungsrecht.

Wichtig ist, dass die entsandten Arbeitnehmer,  die  in  Polen  arbeiten möchten,  und  für  die  die  deutschen  Rechtsvorschriften  bei  der  Sozialversicherung  gelten,  sollten  eine  „Bescheinigung  über  die  Anwendung  der  deutschen  Rechtsvorschriften“  (Vordruck  A1) beantragen.  Der  Vordruck A1 (Bescheinigung A1)  dient  gegenüber  den  polnischen  und deutschen Behörden als Nachweis darüber, dass die entsandten Arbeitnehmer in Deutschland der Sozialversicherung unterliegen. Ohne Bescheinigung A1 müsste der Arbeitgeber die Sozialversicherungsabgaben in Polen entrichten und zwar nach folgenden Grundsätzen:

Die Sozialversicherungsabgaben sind in Polen im Prinzip von dem Bruttoeinkommen des Mitarbeiters berechnet und betragen:

  • Pensionsversicherung – 19,52 %
  • Invaliditätsversicherung – 8 %
  • Krankenversicherung – 2,45 %
  • Unfallversicherung – von 0,67 % bis 3,86 %
  • Arbeitsfonds 2,45 %
  • Krankenversicherungsprämien – 9% (7,75 % des Betrags wird von der Einkommensteuer abgezogen).

Wo sind die Einkünfte bei der Entsendung von Mitarbeitern nach Polen zu besteuern?

Die Frage der Besteuerung der Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit wird in einem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Polen (DBA) geregelt. DBA beinhaltet entsprechende Bestimmungen, die regeln, in welchem Land die Einkünfte zu besteuern sind.

Als Grundregel gilt Folgendes:

Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Mitarbeiter aus Deutschland aus unselbstständiger Arbeit bezieht, dürfen nur in Deutschland besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat (hier Polen) ausgeübt. Wird die Arbeit in Polen ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in Polen besteuert werden (Art 15 Abs 1 DBA).

Von der Grundregel gibt es eine sehr wichtige Ausnahme. Es handelt sich um sog. 183-Tage-Regelung. Wenn diese Regelung Anwendung findet, so sind die Einkünfte des nach Polen entsandtes Mitarbeiters nur in Deutschland zu besteuern. Dazu müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden:

  • der Empfänger (der nach Polen entsandte Mitarbeiter) hält sich im anderen Staat (Polen) insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahrs beginnt oder entet, auf, und
  • die Vergütungen werden von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im anderen Staat (Polen) ansässig ist, und
  • die Vergütungen werden nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen , die der Arbeitgeber im anderen Staat (Polen) hat.

Beispiel:

Die Baufirma aus Deutschland baut ein Gebäude in Polen. Das Projekt dauert 8 Monate. Der Baumeister wird von Deutschland nach Polen für 5 Monate geschickt. Das Gehalt wird nur in Deutschland besteuert, weil der Aufenthalt kürzer als 183 Tage ist und wird von Deutschland aus bezahlt. Die deutsche Baufirma hat auch keine Betriebsstätte.

Bei der Anwendung der 183-Tage-Regelung ist es sehr wichtig, die Aufenthaltstage richtig zu ermitteln.

DBA DE-PL bezieht sich auf einen „Zeitraum von zwölf Monaten“, so sind hierbei alle denkbaren 12-Monats-Zeiträume in Betracht zu ziehen, auch wenn sie sich zum Teil überschneiden. Oft werden die Aufenthaltstage unrichtig ermittelt, da nur die Tage in einem Jahr berechnet werden.

Beispiel:

Die Entsendung von Mitarbeitern nach Polen beginnt am 01.10.2018 und dauert bis 30.04.2019. Der Arbeitgeber hat die Vergütungen nur in Deutschland besteuert, weil in 2018 der Aufenthalt nur 3 Monate und in 2019 nur 4 Monate dauerte. Solche Ermittlung der Aufenthaltstage ist falsch und führt zu Steuerrückstanden in Polen. Der Aufenthalt in dem 12-Monats-Zeitraum (z.B. von 30.04.2018 bis zum 30.04.2019) betrug 7 Monate, also über 183 Tage.

Bei der Ermittlung der Aufenthaltstage ist jeder Tag zu berücksichtigen, an dem sich derArbeitnehmer, sei es auch nur für kurze Zeit, in dem anderen Vertragsstaat tatsächlich aufgehalten hat. Wobei ist nicht die Dauer der beruflichen Tätigkeit (Arbeitstage) maßgebend, sondern allein die körperliche Anwesenheit im Tätigkeitsstaat (auch Ankunfts- und Abreisetage, in Polen verbrachte Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, Urlaubstage).

Die 183-Tage-Regelung findet auch keine Anwendung, wenn die Vergütungen von einer Betriebstätte des Arbeitgebers in Polen getragen wird. Der Begriff der Betriebstätte wurde auch in DBA DE-PL geregelt. Die Betriebstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmers ganz oder teilweise ausgeübt wird, wie Zweigniederlassung, Fabrik, Werkstatt usw. Als Betriebstätte gilt auch eine Bauausführung oder Montage, die länger als zwölf Monate dauert.

Erfolgt die Zahlung zu Lasten einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat, sind die Voraussetzungen für die Anwendung der 183-Tage-Regelung nicht erfüllt. Die Besteuerung erfolgt dann in dem Land, wo sich die Betriebsstätte befindet und zwar von Anfang an.

Beispiel:

Die Baufirma aus Deutschland baut ein Gebäude in Polen. Das Projekt sollte voraussichtlich 8 Monate dauern. Die Baufirma hat nach Polen einen Mitarbeiter für die ersten 4 Monate des Projekts und einen anderen Mitarbeiter für die letzten 5 Monate nach Polen geschickt. Wegen des schlechten Wetters hat sich das Projekt um 5 Monate verlängert und insgesamt 13 Monate gedauert. Obwohl die Mitarbeiter sich kürzer als 183 Tage in Polen aufgehalten haben, entstand eine Betriebstätte in Polen. Die Löhne der nach Polen entsandten Mitarbeiter sind in vollem Umfang in Polen zu besteuern.

Außerdem ist die 183-Tage-Regelung auch bei der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung ausgeschlossen. Bei der Arbeitnehmerüberlassung nach Polen unterliegen die Arbeitsgehälter, die an den überlassenen Mitarbeiter bezahlt werden, dem polnischen Einkommensteuer.

Wie hoch ist die Einkommensteuer (Lohnsteuer) in Polen?

Polnische Einkommensteuer sieht zwei progressive Steuersätze in der Höhe von 18 % und 32 % vor.

Der Freibetrag beträgt 8.000 PLN. Bei der Einkommenssumme zwischen 8.000 und 13.000 PLN vermindert sich der Freibetrag schrittweise bis zu 6.600 PLN. Zwischen 13.000 PLN und 85.528,00 PLN beträgt der Freibetrag 6.600 PLN. Bei dem jährlichen Einkommen zwischen 85.528,00 PLN und 127.000,00 PLN vermindert sich der Freibetrag stufenweise bis zu Null. Ab 127.000,00 PLN ist der Freibetrag nicht vorgesehen.

Das Einkommen bis zu 85.528,00 PLN ist mit dem Steuersatz iHv. 19% und über diesen Betrag mit 32% besteuert.

Die Geschäftsführer (Vorstände) und Aufsichtsratsmitglieder, die in Polen nicht ansässig sind und keinen Arbeits- oder Anstellungsvertrag abgeschlossen haben, müssen 20% Quellensteuer in Polen bezahlen.

Muss der deutsche Arbeitgeber bei der Entsendung von Arbeitnehmern nach Polen polnische arbeitsrechtliche Vorschriften beachten?

Gegenüber den nach Polen entsandten Mitarbeitern gelten die polnischen Mindestbeschäftigungsbedingungen. Diese Bedingungen beziehen sich auf:

  • Arbeitszeit, tägliche und wöchentliche Ruhezeit
  • Dauer des Erholungsurlaubs
  • Mindestlohn bzw. -gehalt und Höhe der Überstundenzulage
  • Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz
  • Beschäftigung von Schwangeren und Minderjährigen

Mehr Informationen über die Mindestbeschäftigungsbedingungen ist <<HIER>> (auf Englisch) zu finden:

Sind Meldepflichten bei der Entsendung von Mitarbeitern nach Polen zu beachten?

Ab 2016 ist neue Meldepflicht bei der Entsendung nach Polen vorgesehen. Spätestens am ersten Tag der Entsendung ist eine Erklärung gegenüber der Staatlichen Arbeitsinspektion (Państwowa Inspekcja Pracy) abzugeben. Die Erklärung ist sehr inhaltlich ähnlich zu der Meldungen, die bei der Entsendung nach Deutschland bei dem Zollamt abzugeben sind. Grundsätzlich sind die Angaben des Arbeitgebers, von einzelnen Mitarbeitern und des Beschäftigungsort mitzuteilen.

Außerdem muss der Arbeitgeber für die ganze Entsendedauer eine Person benennen, die für die Kontakten mit der Arbeitsinspektion zuständig sein wird. Diese Person sollte sich in Pole aufhalten. Alle Kontakte mit der Arbeitsinspektion erfolgt über diese Person. Die Vorschriften sehen nicht vor, dass die Kontaktperson bestimmte Befügnisse (z.B. einen Titel des Rechtsanwalts oder Steuerberaters) hätte, aber ist es empfehlenswert, einen Spezialisten für polnisches Arbeitsrecht zu beantragen. Das wird die Kontakte mit polnischen Behörden erleichtern.

Für Verstöße gegen diese Meldepflichten ist  Bußgeld bis zu 30.000 PLN vorgesehen.

Muss der Arbeitgeber die Unterlagen in Polen aufbewahren?

Bei der Entsendung von Mitarbeitern nach Polen müssen folgende Unterlagen der entsendeten Arbeitnehmer in Polen aufbewahrt werden:

  • Kopie aller Arbeitsverträge
  • Arbeitszeitnachweisen, in den Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit zu erfassen sind
  • Lohnabrechnungen

Die Unterlagen können schriftlich oder elektronisch aufbewahrt werden. Sie können in deutscher Sprache sein. Die Arbeitsinspektion kann jedoch die polnische Übersetzung auffordern. Die Übersetzung ist innerhalb von 5 Werktagen vorzulegen.

Die Kanzlei JLT bietet eine komplexe Rechts- und Steuerberatung für Unternehmer aus Deutschland an. Wir unterstützen die deutschen Firmen bei der Entsendung von Mitarbeitern nach Polen, insbesondere wird ein Rechtsanwalt aus unserer Kanzlei als Kontaktperson benannt. Wir können für Sie auch alle Meldepflichten erfüllen und Ihnen bei der Beachtung der polnischen arbeitsrechtlichen Vorschriften helfen. Haben Sie Fragen dazu, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Michał Jadżyn

radca prawny i doradca podatkowy

Rechtsanwalt und Steuerberater

JLT Jadżyn Legal & Tax

Poznań / Posen

JLT doradztwo prawne i podatkowe dla firm radca prawny i doradca podatkowy kancelaria Poznań